Verfolgte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Psychiatrischen und Nervenklinik der Charité

Franz Kramer (1878-1967)

Der aus einer liberal-jüdischen Familie stammende Franz Kramer studierte in Breslau Medizin und promovierte 1902 an der dortigen Nervenklinik bei Carl Wernicke; 1907 habilitierte er sich an der inzwischen von Karl Bonhoeffer geleiteten Klinik. 1912 ging er mit Bonhoeffer an die Psychiatrische und Nervenklinik der Charité. Seit 1921 leitete er dort die neue „Kinder-Kranken- und Beobachtungsstation“, im selben Jahr wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. 1932 berichtete Franz Kramer (zus. mit Hans Pollnow) „Über eine hyperkinetische Erkrankung im Kindesalter“ („Kramer-Pollnow-Syndrom“), eine Arbeit, die als früher Bezugspunkt für die heutzutage als ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) bezeichnete Verhaltensauffälligkeit gilt. 1933 verlor Franz Kramer seine Lehrerlaubnis; Bonhoeffer konnte den Weltkriegsteilnehmer noch bis 1935 an seiner Klinik halten, danach war Kramer auf die Einkünfte aus seiner Privatpraxis angewiesen. 1938 emigrierte er im Alter von beinah 60 Jahren in die Niederlande. Zwar musste er sämtliche Examina noch einmal ablegen, erhielt aber schließlich eine Stelle in Utrecht. Dort überlebte er auch den Weltkrieg und die deutsche Besatzung der Niederlande.